Widerstand* und Störungen
Laura Ranglack aka Galaxaura:
diffracted reflection (2024)
Der Glitch als sichere Passage
Widerstand* und Störungen: Der Neue-Uferweg Potsdam
Laura Ranglack (they) ist Künstler*in, DJ (Galaxaura), Cultural Worker und feministische Medientheoretiker*in. Das zweigespaltene Metallic-Foto „diffracted reflection“ (2024) von @galaxxaura ist das neue GLITCH-Objekt der Sammlung PLATFORM GLITCH AESTHETICS in der Digitalvilla in Potsdam.
Ausgangspunkt für die Produktion sind künstlerische Recherchen zur Schauspielerin und „Erfinderin“ des Frequenzsprungverfahrens Hedy Lamarr @hedy_lamarr_official. Ranglack entführt uns in die Zwischenräume von Exzellenz und (Im-)Perfektion & zeigt uns die Potentiale des GLITCH als diffraktiven Zerrspiegel. „Diffraktion“ mit der GLITCH-Theorie zu verbinden, bedeutet neuartige Deutungsschleusen zu öffnen. Mit der Neu-Kontextualisierung des GLITCH gelingt Ranglack jene medienkritische Unterwanderung von klassisch-dualistischen Denkweisen, in der sich die feministische Medientheorie in der Nachfolge von Donna Haraway, Karen Barad und Sigrid Adorf gegenwärtig befindet. Das neue Artefakt ruft Reflektionen über die Unterwanderung von Schönheitsnormen und propagierter Eindimensionalität auf. Ranglack zeigt uns eine Hedy Lamarr der Doppelspaltung, Dünnhäutigkeit und Inszenierung. Lamarrs Porträt ist ein Plädoyer für das Recht auf Widerstand, Opazität und Komplexitätssteigerung. Ekstatisch gefeiert wird der Glitch als sichere Passage, die Vieldeutigkeit und Ambivalenz zulässt.
HINTERGRUND: Die GFZK e.V. erforscht seit 2021 u.a. die Widerstands-Topografie der Neubabelsberger Villenkolonie am Griebnitzsee. Vor 1933 gehörten viele der Villen jüdischen Eigentümer*innen. Die Spuren der von hier vertriebenen oder deportierten Familien sind nahezu ausgelöscht, wenige Stolpersteine nennen ihre Namen. Andere Gedenksteine deuten auf Hiroshima und Nagasaki. Geblieben ist ein meandernder Geschichtspfad, der nur an wenigen Stellen auf Gedenktafeln auf Geschichte verweist. Auch die Spuren der DDR-Zeit sind verwischt, abgefräst oder im Rahmen von späteren Sanierungen demontiert.
Wir erinnern uns: Am Ende des Kriegs, im Sommer 1945 wurden die Gebäude am Griebnitzsee für die vier Verhandlungsdelegationen der Potsdamer Konferenz „freigemacht“. Harry S. Truman, Winton Churchill/ Clement Attlee und Joseph Stalin nahmen in den Villen am Griebnitzsee Quartier. Nach den Besatzerjahren blieben die Gebäude des ehemaligen Mauersperrgebiets weiterhin privaten Nutzungen entzogen. Vielmehr waren hier staatsnahe Institutionen, Offiziere der Grenztruppen und Angehörige der Rechtsakademie oder auch Kindertagesstätten beheimatet; die Villenkolonie am Griebnitzsee war Sperrgebiet, das ohne Passierschein nicht betreten werden durfte.
Später wurden die Gebäude, darunter auch die Digitalvilla (Karl-Marx-Str. 67, Hedy-Lamarr-Platz) von der Hochschule für Film und Fernsehen genutzt. Nach 1989 wurden neue denkmalpflegerische Weichenstellungen definiert; auf die Erhaltung von Spuren der beiden Vergangenheiten wurde – bis auf wenige Ausnahmen z.B. im Stubenrauch-Abschnitt - weitgehend verzichtet.
Blicken wir zurück auf die ersten Jahre der Wiedervereinigung: Zu „Mauerzeiten“ führte am Ufer des Griebnitzsee der Postenweg der DDR-Grenzgrenzsoldaten. Nach dem Mauerfall 1989 wurde daraus bis 2004 ein Spazierweg für alle, Symbol der Freiheit, gemeinsamer Gestaltung und des Austauschs.
Seit 2004 entwickelt sich der Uferweg am Griebnitzsee durch Privatnutzungen der Seezugänge in eine parzellierte Uferparklandschaft; parallel entstanden Atmosphären des Widerstand*s bei Bevölkerung und Anwohner*innen, die eine öffentliche Zugänglich des Uferwegs einklagen. Seit 20 Jahren kämpft die Bürgerinitiative Griebnitzsee für Alle e.V. für die durchgängige Öffnung des Uferwegs und die Anerkennung als Mauergedenkstätte. Juristische Verfahren, den Uferweg gegen den Willen der Anrainer als Spazierweg durchgängig zu öffnen, halten an. Die Uferwegbeauftragte Elisabeth Hartleb hat eine neue Kultur der Uferweg-Diplomatie etabliert.
Die GFZK e.V. erprobt derzeit neue Narrative. Leitend sind für uns die Begriffe "Widerstand* und Störungen". Unsere Recherchen setzten in den Jahren 1933-1945 an. Z.B. im Gedenken an Regimegegnerin und Widerstandskämpferin Marie-Louise Sarre, die in der Villa Sarre (Spitzweggasse 6) lebte. Sie kümmerte sich um die Menschen im "Jüdischen Altenheim" in der benachbarten, ehemaligen Bergstraße 1, brachte ihnen Essen und besorgte Ausreise-Pässe für jüdische Familien; auch gehörte sie dem Solf-Kreis an. Wegen ihres widerständigen Engagements wurde Marie-Louise Sarre im KZ Ravensbrück (1943-45) inhaftiert. Im April 1945 wurde sie in ein SS-Lazarett verlegt, von hier aus gelang ihr die Rückkehr in ihr Elternhaus, die Villa Sarre in Neubabelsberg. Wenig später musste sie zusammen mit ihrer Familie das Haus für die russische Delegation der Potsdamer Konferenz (u.a. General Schukow, 1896-1974) räumen; wenig später verließ sie Deutschland. Ihre Spuren verlieren sich nach Kriegsende.
Auch das Leben und Wirken des Widerstandskämpfers Henning von Tresckows, einem Freund von Marie Louise Sarre, verbindet sich mit dem Griebnitzsee. Zeitweise lebte er bei seiner Schwester in der Villa von Arnim (Karl-Marx-Straße 25) und fand hier Zuflucht. Treschow war neben Claus Schenk Graf von Stauffenberg die zentrale Figur des militärischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus.
In der Villa Tannwald (Rudolf-Breitscheid-Str. 232) ist der Schriftsteller, Maler und Filmemacher Peter Weiss (1916-1982) geboren, der Verfasser der "Ästhetik des Widerstands" (1975-1981).
Um zu erforschen, was Widerstand in Potsdam in der DDR-Zeit bedeutete, beschäftigen wir uns gerade mit der „unterdrückten Literaturgeschichte“ in Potsdam und den Aktivist*innen der „Verschwiegenen Bibliothek“. Gegenwärtig bewegen wir uns auf den Spuren der Archivrecherchen GESPERRTE ABLAGE von Ines Geipel und Joachim Walter.
Der Neue-Uferpark am Griebnitzsee strahlt aus ...
DIGITALVILLA POTSDAM
Hedy-Lamarr-Platz, 14482 Potsdam
Karl-Marx-Str. 67
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Öffentliche Verkehrsmittel
Potsdam, Bahnhof Griebnitzsee
TOPOGRAPHIES AND RESISTANCE*
GFZK e.V. is currently researching the resistance topography of the Neubabelsberg villa colony on the Griebnitzsee. Before 1933, many of the villas belonged to Jewish owners. The traces of the families expelled or deported from here have almost been erased; few stumbling blocks bear their names. Other memorial stones point to Hiroshima and Nagasaki. What remains is a meandering history path, with only a few memorial plaques referring to history. The traces of the GDR era have also been blurred, milled away or dismantled during later renovations.
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We remember: At the end of the war, in the summer of 1945, the buildings on the Griebnitzsee were "cleared" for the four negotiating delegations of the Potsdam Conference. Harry S. Truman, Winton Churchill/ Clement Attlee and Joseph Stalin took up residence in the villas on the Griebnitzsee. After the years of occupation, the buildings of the former restricted area remained out of reach of private use. Instead, they were home to state-affiliated institutions, officers of the border troops and members of the law academy, as well as daycare centers; the villa colony on the Griebnitzsee was a restricted area that could not be entered without a pass.
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Later, the buildings, including the Digitalvilla (Karl-Marx-Str. 67, Hedy-Lamarr-Platz), were used by the University of Film and Television. After 1989, new monument preservation guidelines were defined; the preservation of traces of both pasts was largely abandoned - with a few exceptions, e.g. in the Stubenrauch section. : Let's look back at the first years of reunification: During the "Wall era", the GDR border guards' patrol path ran along the banks of the Griebnitzsee. After the fall of the Berlin Wall in 1989, it became a walking path for everyone until 2004, a symbol of freedom, shared design and exchange.
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Since 2004, the shore path on the Griebnitzsee has been developing into a parceled shore park landscape through private use of the lake access; an atmosphere of resistance has developed among the population and residents, who are demanding that the shore path be made publicly accessible. For 20 years, the citizens' initiative Griebnitzsee für Alle e.V. has been fighting for the continuous opening of the shore path and for it to be recognized as a memorial to the Berlin Wall. Legal proceedings to open the shore path as a walking path against the will of the residents are ongoing. The shore path representative Elisabeth Hartleb has established a new culture of shore path diplomacy.
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The GFZK e.V. is currently testing new narratives. The terms "resistance* and disturbances" are our guiding principles. Our research began in the years 1933-1945. For example, in memory of the regime opponent and resistance fighter Marie-Louise Sarre, who lived in the Villa Sarre (Spitzweggasse 6). She looked after the people in the "Jewish old people's home" in the neighboring, former Bergstrasse 1, brought them food and obtained exit passports for Jewish families; she was also a member of the Solf Circle. Because of her resistance, Marie-Louise Sarre was imprisoned in the Ravensbrück concentration camp (1943-45). In April 1945, she was transferred to an SS hospital, from where she managed to return to her parents' house, the Villa Sarre in Neubabelsberg. A little later, she and her family had to vacate the house for the Russian delegation to the Potsdam Conference (including General Zhukov, 1896-1974); a little later, she left Germany. Her traces were lost after the end of the war.
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The life and work of the resistance fighter Henning von Tresckow, a friend of Marie Louise Sarre, is also connected to Griebnitzsee. For a time he lived with his sister in the Villa von Arnim (Karl-Marx-Straße 25) and found refuge here. Along with Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Treschow was the central figure of the military resistance against National Socialism. : The writer, painter and filmmaker Peter Weiss (1916-1982), the author of "The Aesthetics of Resistance" (1975-1981), was born in the Villa Tannwald (Rudolf-Breitscheid-Str. 232). : In order to research what resistance meant in Potsdam during the GDR era, we are currently looking at the "suppressed literary history" in Potsdam and the activists of the "Secret Library". We are currently following the archival research of Ines Geipel and Joachim Walter.
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The artist/glitch activist & researcher Laura Ranglack is currently researching the biography of the actress and inventor "Hedy Lamarr" (Hedwig Kiesler, 1914-2000), whose name is associated with the so-called "frequency hopping method". Born in Vienna, "Hedy Lamarr's" family belonged to the Jewish cultural circle. In 2019, Prof. Dr. Norbert Gronau suggested Hedy Lamarr as the namesake for the triangular square between Virchowstrasse and Karl-Marx-Strasse.
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The GFZK e.V. supports Laura Ranglack in the development of the resistance* project. It is funded by the state capital Potsdam and the Digitalvilla. Key terms of the project are resistance, feminism, system disruption and camouflage. The aim is to explore new forms of aesthetic resistance through experimental methods of digital deconstruction, e.g. through digital glitch techniques.
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The project is funded by the state capital Potsdam as part of the 2024 project funding and by the Digitalvilla (Institute for Business Information Systems, Processes & Systems).
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DIGITALVILLA POTSDAM Hedy-Lamarr-Platz, 14482 Potsdam Karl-Marx-Str. 67