GLITCH SEMIOTICS

Gesetzt, die Kunst würde von der Erde verschwinden und müsste aus der glückhaft überlebenden Glitch-Art decodiert werden...

Michael Betancourt, Glitch Theory: Art and Semiotic, 2023
Michael Betancourt, GLITCH THEORIE: ART AND SEMIOTICS, 2023

NEUE FORSCHUNGSERGEBNISSE:
Michael Betancourt
Glitch Theory: Art and Semiotic (2023)
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Mit der Schrift „Glitch Theory: Art and Semiotic“ gelingt es Michael Betancourt, die Glitch Art aus jener produktiven Paradoxie herauszubetrachten, die die Störung gleichermaßen als Fehler und Ausdruck begreift. Damit ist eine Grundlage für ein ambivalentes Interpretationssystem geschaffen,
das eine interpretative Erwartungshaltung schafft, die die Überlagerung von Signal (meaning) und noise (irrelevanz) berücksichtigt.

Mit dieser theoretischen Neu-Fundierung tritt endlich die im Glitch eingelagerte Bedeutungsfähigkeit auf die Bühne der Betrachtung – und mit ihr Begriffe wie „Digitale Transzendenz“, „Pseudo-Diagnostische Erkennung“, „Ontologische Erschöpfung“, „Authenticty“ - in der „Umarmung von Fehlern“- als digitale Daseinsmetaphern und reflexive Glitch-Ethiken. Die künstlerisch komplex angelegten digitalen Manipulationen, Misalignments, Distortions, Misregistrations und Mechanical Failures verlangen dem Publikum Expertise und Interpretationsgeduld ab. Als künstlerische Kompressionen in aufwändigen Produktionsmodellen, will (und muss) die Glitch Art von dem Publikum komplex entdeckt werden. Betancourt verweist darauf, wie unterschiedlich Störungsmetaphern in den synästhetischen Artefakten auftauchen und wie momenthaft sie aufscheinen können. Letztlich ebnet er damit das Feld für eine ästhetische Kritik der Technesthesia.

Gesetzt, die Kunst würde von der Erde verschwinden und müsste aus der glückhaft überlebenden Glitch-Art decodiert werden, die Glitch-Semiose von Michael Betancourt wäre das theoretische Handbuch, mit dessen Hilfe diese Rekonstruktion gelingen könnte. Betancourt legt erneut ein neues Standartwerk vor, spannend zu lesen für alle, die sich mit der Theoriebildung innerhalb der Glitch Art ernsthaft beschäftigen möchten.

Als Künstler, Forscher kritischer Theoretiker und Kulturhistoriker ist Michael Betancourt seit den 1990er Jahren eng mit dem Glitch-Movement verbunden. Im Spannungsfeld von digitaler Theorie und Kapitalismuskritik hat Betancourt 2016 mit der Schrift „The Critique of Digital Capitalism - An Analysis of Political Economy of Digital Culture and Technology“ (2016) eine Theorie diskursiver Digitalität geschaffen. Die neue Publikation kann als Versuch einer Digitalen Ästhetik im Post-NFT-Zeitalter verstanden werden. Als subversiver Stabilisator implementiert sie sich selbst: in dem theoretischen Fundament einer Glitch-Philosophy, die das Publikum auch auf eine kunsthistorische wie kuratorische Neubewertung dieser Kunstbewegung vorbereitet.

 

MICHAEL BETANCOURT
Glitch Theorie: Art and Semiotic

Assuming that art would disappear from the earth and would have to be decoded from the luckily surviving Glitch Art, Michael Betancourt’s glitch semiosis would be the theoretical manual with which this reconstruction could succeed. Betancourt once again presents a new standard work, exciting to read for anyone who wants to seriously engage with the theory development within Glitch Art. As an artist, critical theorist researcher, and cultural historian, Betancourt has been closely associated with the Glitch Movement since the 1990s. In the area of tension between Digital Theory and  Criticism of Capitalism, Betancourt created a Theory of Discursive Digitality in 2016 with the text The Critique of Digital Capitalism: An Analysis of Political Economy of Digital Culture and Technology. The new publication can be understood as an attempt at Digital Aesthetics in the Post–NFT Era. It implements itself as a subversive stabilizer: in the theoretical foundation of a Glitch Philosophy, which also prepares the audience for an art historical and curatorial reassessment of this art movement.