FU:BAR-TALK VV + IAN KEAVENY
FU:BAR-TALK

FUBAR-Talk mit Ian Keaveny aka crashstopp & Verena Voigt (10/ 2024).
Thema: Mark Fishers (1968-2017) GHOSTS OF MY LIFE, Fukuyama’s END OF HISTORY & REBOOTING THE FUTURE with GLITCH ART.
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Wo ist der Tunnel, wenn dies der Ausgang ist?
„Die Zeit ist aus den Fugen geraten“ – dieses Zitat aus Hamlet, das Mark Fisher in seinem Buch Ghosts of My Life mehrfach aufruft, bildet den Auftakt zu einer Reise durch Risse, Brüche und Fehlstellen in seiner Phänomenologie der Zeit, die die Kuratorin Verena Voigt und FU:BAR-Online Kurator Ian Keaveny am 13. Oktober 2024 unternehmen.
Glitch Theorie im Gespräch mit Mark Fisher - das bedeutet lichtzugewandt ins Dunkel zu schauen: Was, wenn wir diese Brüche nicht mehr nur beklagen, sondern in ihnen Ausgänge finden – jenes Tunnels, dessen Eingang wir verpasst haben?
In einer Zeit, in der die Zukunft nicht mehr gedacht werden kann und die Vergangenheit als nicht abgeschlossen in die Gegenwart zurückdrängt, entsteht eine neue Topografie der Zeit: voller Glitches, Ghosts, Nostalgie und Stillstand. Fisher beschreibt diese Momente als Symptome einer gebrochenen Zeitlichkeit, als cracks in the world, durch die Geister, Erinnerungen und verlorene Utopien hindurchscheinen. Was an der Oberfläche wie Störungen erscheint, markieren Übergänge – Perforationen in der Realität, durch die sich andere Lesarten, andere Geschichten, andere Formen von Erinnerung und Zukunft hindurchzwängen.
Der Glitch, ursprünglich ein Fehler im System, wird so zum phänomenologischen Werkzeug. Er verlangsamt, bringt zum Stillstand, erlaubt die Rückschau – oder sogar eine Neuverhandlung von Zeit. Fisher geht es nicht um eine einfache Rückkehr, nicht um Retromanie, sondern um eine tiefere, politische Form der Nostalgie: um das Erinnern an verlorene Möglichkeitsräume, an Wege, die nicht gegangen wurden – und um deren Reaktivierung. Seine Musikempfehlungen – von Burial bis Ghost Box – sind nicht nur Soundtracks, sondern akustische Geisterbeschwörungen, Anleitungen zur Zeitreparatur. In dieser Reparatur zeigt sich auch Widerstand. Der Glitch wird zur Initialzündung einer kollektiven Transformation: durch langsames Hören, durch geteilte Erinnerungen, durch performative Erkundungen verlorener Orte –
Vielleicht auch so: Wenn der Ausgang aus der alten Ordnung keine klare Tür ist, sondern ein Flimmern, ein Rauschen, ein Brechen im Bild – dann ist vielleicht der Tunnel, den wir suchen, genau das: ein abgedunkelter Zwischenraum. Ein Ort, der nicht Flucht, sondern Möglichkeit ist. Eine Zone, in der neue Formen des Denkens, Lebens und Teilens entstehen können. In dieser Lesart ist Fishers Werk kein Abgesang – sondern ein verdeckter Bauplan für andere Zukünfte.
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Dokumentation: INTERVIEW VV with IAN KEAVENY aka crashstop
Mark Fishers (1968-2017) GHOSTS OF MY LIFE, Fukuyama’s END OF HISTORY & REBOOTING THE FUTURE with GLITCH ART. Guided discussion / moderated by Ian Keaveny aka crashstop with Verena Voigt M.A. (Investigative Curator, Potsdam/Berlin).
After the fall of the Berlin wall in 1989, the collapse of the Soviet Union and the end of the cold war Francis Fukuyama published a book titled ‘The end of history and the last man’. Fukuyama argues: ‘humanity has reached; not just … the passing of a particular period of post-war history, but the end of history as such: That is, the end-point of mankind’s ideological evolution and the universalization of Western liberal democracy as the final form of human government’. (Quote Wikipedia)
Mark Fisher argues in his book ‘Ghosts of my life’ that the ‘slow cancellation of the future’, a product of this ‘end of history’ - has adversely affected culture and art.
Mark Fisher (lecture): https://www.youtube.com/watch?v=aCgkLICTskQ
Our question: Can we find a framework through his writings to look at glitch art and to reboot the future that Fukuyama and neo-liberalism seeks to cancel?